
Ganz schön unternehmungslustig: Neben seiner Arbeit als Technikvorstand bei STRATO engagiert sich René Wienholtz als Mentor für Startups. Wir haben mit ihm gesprochen und wollten wissen, was er selbst, die Startups und STRATO Kunden davon haben.
René, Mentoren gibt es bei Ausbildungen, im Studium oder auch im Beruf. In der Regel geht es hierbei darum, Wissen weiterzugeben und andere beim Start zu unterstützen. Wie verhält sich das bei Mentoren für Gründer?
Abhängig davon, welchen beruflichen Hintergrund ein Mentor hat, kann dessen Unterstützung anders aussehen. Ein Mentor kann mitunter Unternehmer, Gründer oder auch Manager sein. Ich selbst bringe Erfahrungen mit, die ich durchs eigene Gründen und durch meine klassische Managementausbildung gesammelt habe. Als Mentor bin ich dadurch in der Lage, die Ideen der Gründer zu prüfen, sie zu hinterfragen und gegenüber anderen zu verteidigen; aber auch zu bewerten, ob Ideen mit Blick auf die Produktvermarktung und Zielgruppe funktionieren. In den Punkten kann ich Gründer unterstützen.
Wie erschließt sich denn für Gründer die Notwendigkeit, sich Unterstützung zu holen?
Für die meisten Gründer erschließt sich das von selbst: Sie haben gerne jemanden mit Startup-Erfahrung an der Seite, der ihnen sagt, was sie tun können und welche Perspektiven sie haben; oder sie mit kritischen Fragen konfrontiert. Denn: 2016 ist der größte Anteil der Gründer zwischen 25 und 34 Jahre alt, viele kommen frisch aus dem Studium. Das heißt, die Leute haben noch nicht viel gearbeitet, dadurch nur wenige Erfahrungen gesammelt und kennen einige Fallstricke nicht.
Was sie dafür aber mitbringen, ist Passion für ihre Idee und Lust darauf, sie gut umzusetzen. Damit sie das erfolgreich tun können, freuen sie sich über kritische Hinweise. Das kann zum Beispiel die Frage sein, ob sie sich gedanklich mit dem Lebenszyklus ihres Produkts beschäftigt haben, den sie darüber hinaus vielleicht gar nicht kennen können. Oder sie haben Fragen zum Financing, zu Human Ressources usw.

Was auch zum Mentoring dazugehört, ist die Vorbereitung der Gründer auf die Pitches. Hier im Bild stellt Robert Kröber sein Startup Forexfix bei den Investor Days vor, bei denen er als einer der Gewinner hervorgeht. Forexfix gehört zu einem der Startups, die René mit seinem Wissen unterstützt. Foto: ©STIFT/bm|t
Was passiert denn, wenn sich Gründer keine Hilfe von erfahrenen Gründern, Unternehmern oder Managern holen?
Manche Startups überschätzen sich schlicht und scheitern mit dem Glauben, dass sie auch ohne guten Rat durchgekommen wären. Unter den Fehlern, die sie dann machen, würde ich drei Klassiker hervorheben:
- Sie testen nicht ausreichend und nicht früh genug: Sehr häufig planen sie ihr Produkt in zu großen und komplexen Schritten und wissen dabei noch gar nicht, ob es am Ende funktioniert, zum Beispiel für die anvisierte Zielgruppe. Das heißt, sie haben am Ende sehr viel Arbeit in ein Projekt investiert – für nichts. Würden sie sich dagegen an ein Credo wie Keep it simple halten, könnten sie besser planen.
- Bei der Personalakquise verschätzen sie sich. Sie rechnen zunächst mit starken Umsätzen und merken bald, dass sie diese ohne die passenden Mitarbeiter nicht erreichen können. Gerade in technischen Bereichen ist es schwierig, gutes Personal zu finden, das man zudem auch bezahlen kann. Das alles führt zu Verzögerungen im gesamten Roll-Out-Plan.
- Sie „verschenken“ ihre Anteile nahezu, weil sie sich finanzieren müssen. Damit rufen sie eine Kapitalverwässerung hervor und machen sich fast zu Minderheitsaktionären ihres eigenen Unternehmens, in dem sie dann schließlich bevormundet werden.
Fehler lassen sich auch mit erfahrenen Mentoren an der Seite nicht komplett ausschließen. Dennoch: Ich kenne nur wenige Gründer, die ohne Rat von außen weitergekommen sind.
Du selbst hast einen deutlich technischen Hintergrund, könntest Du dennoch Startups aus anderen Bereichen beraten? Oder anders: Wann passen Startup und Mentor gut zusammen?
Es gibt immer eine gewisse Passung: Technische Themen haben idealerweise einen technischen Mentor. Nehmen wir ein Food Startup als Gegenbeispiel: Hier habe ich kaum Berührungspunkte und weniger Beratungskompetenz; da bräuchtest Du eher einen Mentor, der beispielsweise Kenntnisse mit Lebensmitteltechnik hat oder sich im Gastronomiebereich auskennt.
Ich würde sagen, dass es nicht auf einen Mentor ankommt, sondern mehr auf den Blumenstrauß von versierten Leuten, die unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven mitbringen. Es gibt nicht den richtigen Mentor, sondern mehr die richtige Kombination von Mentoren, die unterschiedliche Hintergründe und Kompetenzen mitbringen. Um an so ein Netzwerk zu gelangen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist beispielsweise die Berlin Startup Academy, bei der ich als Mentor berate.
Wenn am Ende also viele Leute involviert sind und beraten, investieren sie auch jede Menge Zeit. Was bringt Mentoren dazu, diesen Aufwand zu betreiben?
Die Motive hierfür sind je nach Person verschieden. Für einige Mentoren bieten sich durch ihre Tätigkeit lukrative Optionen für Investments. Es gibt aber auch andere, die daran gar kein Interesse haben, sondern vielmehr einen Nutzen darin sehen, Einblicke nach draußen zu gewinnen: Welche Geschäftsmodelle etablieren sich gerade, welche Ideen kursieren und was kann ich selbst davon mitnehmen.
Was aber meiner Erfahrung nach viele Mentoren gemeinsam haben: Sie machen es pro bono, weil sie die positiven Entwicklungen für die Gesellschaft schätzen.
Und wie sieht das mit der Motivation bei Dir aus?
Ich bin ein Verfechter davon, dass es grundlegend mehr Gründer geben sollte. Nicht unbedingt im technischen Bereich, sondern insgesamt! Warum sehe ich das so? Unser Verständnis von Arbeit ist geprägt von der Zeit des Wirtschaftswunders bis hin zu den 2000er Jahren; einer langen Zeit, in der insgesamt weniger gegründet wurde und die Leute stattdessen großen Wert auf eine klassische Karriere gelegt haben. Das ist zugegebenermaßen sehr bequem, aber auch schade: Uns entgehen so viele Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten.
Investments spielen für mich persönlich eine untergeordnete Rolle. Wenn ich ein Startup oder eine Idee als ausgezeichnet betrachte, dann könnte ein privates Investment durchaus interessant sein – und das auch nur, sofern kein Interessenskonflikt zu meiner Arbeit besteht.
Aber ein Nutzen über das gute Gefühl hinaus gehört doch schon dazu?
Für mich gibt es viele Punkte, die ich durch diese Tätigkeit mitnehme: Ich konnte bis jetzt viel über die Denkweise der Gründer lernen, zum Beispiel was agile Arbeit betrifft oder das Testen von Produkten. Dadurch finde ich auch heraus, welche Programmiersprachen und Produkte für Startups relevant sind. Für meinen eigenen Horizont ist das eine Bereicherung – und auch für meine Arbeit bei STRATO: Wir kommen mit neuen Ideen und Möglichkeiten früh in Kontakt und können sie als einer der Ersten nutzen – seien es bestimmte innovative Methoden in der Arbeit selbst oder auch Neuerungen im Marketing, die für uns spannend sind.
Durch die Nähe zu den Startups lernen wir aber auch, was aus technischer Sicht für die künftigen Generationen von Unternehmen relevant ist. Also auch in der Hinsicht, wie und mit welchen Produkten wir ihnen begegnen müssen. Für STRATO ist dieses Wissen essentiell. Denn dadurch wissen wir, in welche Richtung wir uns entwickeln müssen, um unseren Kunden das anzubieten, was sie brauchen.